Bauernhofkindergärten – kompetent
fürs Leben werden
Dies ist eine Konzeption des Vereins Baglob, in welchen wir ein eingetragenes Mitglied sind. Wir sind aktuell am erarbeiten unseres eigenen Konzepts.
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Landwirtschaft ist die Grundlage unseres Lebens. Bäuerinnen und Bauern bewirtschaften Felder und Wiesen und erzeugen aus dem Anbau von Pflanzen und der Haltung von Tieren unsere Lebensmittel. Ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Fragen stellen sich hier täglich und ganz konkret. Damit sind Bauernhöfe Orte, an denen Lebenskompetenzen umfassend erworben werden können. Gleichzeitig bieten sie ein nahezu unerschöpfliches Angebot an Erfahrungs-, Lern- und Spielmöglichkeiten.
Die Einsicht, dass Kinder ihre Entwicklung selbst gestalten, indem sie sich aktiv mit ihrer Um-Welt auseinandersetzen, gewonnene Erfahrungen und Wissen verarbeiten, auf subjektive Weise bewerten und ordnen, ist die Grundlage einer Pädagogik, die vom Kinde ausgeht und im Bauernhofkindergarten optimal umgesetzt werden kann.
Im Erleben von Tieren und Pflanzen erfahren Kinder ihre Umwelt direkt und unverfälscht. Sie verstehen die natürlichen Abläufe im Jahreslauf und lernen Verantwortung für sich und ihr Umfeld zu übernehmen. Damit ist der Bauernhof ein idealer Lernort im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE).
Was sich Menschen in der frühen Kindheit an Grundfertigkeiten, Werthaltungen und Überzeugungen aneignen, spielt eine große Rolle dafür, wie sie sich als Erwachsene später ihren Mitmenschen und der Umwelt gegenüber verhalten. Die Erfahrungen auf dem Bauernhof befähigen Kinder, sich Kompetenzen anzueignen, die für die Gestaltung ihrer eigenen und der gemeinsamen Zukunft von grundlegender Bedeutung sind.
Bildung für eine nachhaltige Entwicklung im Bauernhofkindergarten bedeutet vor allem auch Persönlichkeitsbildung, die auf „starke“ Kinder zielt, die ihre Beziehung zur Mitwelt gestalten wollen – es geht um Leben gestalten lernen!
1. Körper, Bewegung, Gesundheit
Kinder sollen im Laufe ihrer Entwicklung selbst die Verantwortung für ihr körperliches Wohlbefinden und ihre Gesundheit übernehmen. Dies üben Kinder auf dem Bauernhof in Situationen – Bewegung spielt dabei eine zentrale Rolle. Sich bewegen ermöglicht Körper- und Selbsterfahrungen, die für die kognitive, emotionale und soziale Entwicklung eine wesentliche Rolle spielen.
Für die Entwicklung eines guten Körpergefühls ist ausreichende, altersentsprechende und vielfältige Bewegung entscheidend. In Bauernhofkindergärten geschieht dies immer, da das gesamte Gelände des Hofes als pädagogischer Raum dient. Somit besteht jederzeit die Möglichkeit, unterschiedliche Bewegungsabläufe auf verschiedensten Untergründen zu erfahren und sie mit immer wieder neuen Herausforderungen weiterzuentwickeln.
Neben „üblichen“ Bewegungs- und Körperwahrnehmungsmöglichkeiten auf Schaukel, Rutsche und Trettraktoren finden die Kinder durch die lebendige Vielfalt von Hof, Tieren und Natur weitere Anregungen und Herausforderungen zur Förderung von Körper und Bewegung und damit für ihre Gesundheit.
Auch feinere Körperwahrnehmung ist vielfältig möglich – etwa beim Hühnerfüttern oder säen, wo die einzelnen Körner in der Hand gespürt werden. Körpergefühl und Körperwahrnehmung, Fein- und Grobmotorik entfalten und entwickeln sich beim ausgiebigen Spielen, Werkeln und Arbeiten in Hof, Garten und Küche altersentsprechend optimal. Das Körperspüren wie etwa Wahrnehmen von Temperaturen spielt eine zentrale Rolle beim wechselnden Aufenthalt im Freien, in Scheunen, Ställen und Wohnräumen.
Ebenso finden sich zahlreiche Gelegenheiten, um das Gesundheitsbewusstsein im Alltag zu thematisieren und den Kindern immer wieder neue Zugänge dazu zu ermöglichen.
Das Erleben der Lebensmittelerzeugung am Hof und die Essenszubereitung aus Hofprodukten machen den Wert einer gesunden Ernährung unmittelbar erfahrbar.
2. Personale und soziale Entwicklung, Wertebildung
Die Unterstützung der persönlichen Entwicklung beinhaltet die emotionale Entwicklung der Kinder, wie die Fähigkeit, Gefühle bei sich und anderen wahrnehmen und benennen zu können. Auf der Basis einer gefestigten Persönlichkeit kann das Kind seine sozialen Fähigkeiten entwickeln.
Die Grundlage der sozialen Kompetenzentwicklung bilden die Beziehungserfahrungen der Kinder. Dieses Sozialverhalten kann schon im frühen Kindergartenalter auf dem Bauernhof erfahren und ausgebaut werden: Das Miteinander der Menschen am Hof mit vielen verschiedenen Vorbildern für die Kinder, zu denen sie sich in Beziehung setzten können, fördert die Kinder in ihrer sozialen Kompetenz.
Anhand der Vorbilder – Menschen wie Tiere –, die das Kind am Hof erlebt, entwickelt es in deren Wertschätzung seine eigene Persönlichkeit. Ebenso ermöglicht das Umfeld am Bauernhof in besonderer Weise, individuelle Wesens- und Charakterzüge auszuleben – wie etwa beim Umsorgen kleiner Tiere oder bei verschiedenen Stallarbeiten.
Der regelmäßige Kontakt mit Tieren ermöglicht den Kindern auch, im Umgang mit diesen sicherer zu werden und somit durch unmittelbares Erleben von Selbstwirksamkeit das eigene Selbstbewusstsein zu stärken.
Indem die Kinder die Bedürfnisse der Tiere kennenlernen, können sie die Erfahrungen, die sie im Umgang mit den Tieren machen, auch auf ihr Sozialverhalten in der Gruppe übertragen – wie etwa Versorgung und Schutz von Schwächeren, Kommunikation, Führung oder Rangordnung.
Die Kinder erleben die landwirtschaftlichen Abläufe und Tiere sehr intensiv und verarbeiten erlebte Bilder und Erfahrungen in ihrer Persönlichkeit und bringen sie im täglichen miteinander Tun und Spielen ein.
Das gemeinsame Erledigen von Aufgaben am Hof mit den damit verbundenen Absprachen untereinander und die Übernahme von Verantwortung ermöglicht die Entwicklung sozialer Kompetenz in konkreter Anwendung.
Selbstwirksamkeit erleben, aber auch Zusammenarbeit utzen und schätzen ist Alltag auf jedem Bauernhof. Viele Tätigkeiten im Umgang mit Pflanzen und Tieren und beim Helfen auf dem Hof geben das Gefühl, nützlich zu sein und sinnvolle Ergebnisse zu schaffen. Auch die Fähigkeit, anderen Hilfe anzubieten oder um Hilfe bitten zu können, ist am Bauernhof täglich gefragt.
Die Wertebildung beinhaltet eine kind- und altersgemäße Auseinandersetzung und Identifikation mit den Werten und Normen unserer Kultur, mit Ethik und Religion. Wertebildung geschieht mittels Vorbildern und durch Vorleben und Nachahmen – im achtsamen Umgang mit der Natur an sich, mit den am Bauernhof gepflegten Tieren und Pflanzen sowie im Erleben und Schätzen natürlicher Lebensmittel oder mit Dankbarkeit für das Essen. Es entsteht ein wertschätzendes Bewusstsein für die Tiere und Pflanzen, die Teil unseres Nahrungskreislaufes sind und auch für die Menschen, die sich um all diese Lebensprozesse kümmern – von der Bäuerin bis zur Köchin, zum Koch.
In der Jahrtausende alten Geschichte der Landwirtschaft haben die Menschen ihre Arbeit meist in einen religiösen Kontext eingebunden. Deshalb kann der Bauernhofkindergarten auch offen sein für die religiösen Themen und Fragen und deren kulturübergreifende Bewertungen.
Auch die Auseinandersetzung mit Leben, Sterben und Tod trägt intensiv und authentisch zur Wertebildung bei: Der Rhythmus von Geburt, Wachsen, Altern, Sterben und Tod bei Pflanze und Tier ist auf dem Bauernhof wie sonst nirgends allgegenwärtig und gibt Anlässe zum Ausbilden und Reflektieren eigener Standpunkte und Werte.
3. Sprache, Schrift, Kommunikation
Sprache ist eine Schlüsselqualifikation für schulisches Lernen. Mit ihr kann das eigene Denken sinnvoll und differenziert ausgedrückt werden. Sie ist das Medium der verbalen Kommunikation und ermöglicht es, soziale Beziehungen zu gestalten.
Der Bildungsbereich Sprache, Schrift, Kommunikation wird in den Bauernhofkindergärten grundlegend durch täglich notwendige Kommunikationsanlässe gefördert.
Der Bauernhof bietet als besonderes Lernumfeld zahlreiche Anlässe, um auf besondere Weise alle Bereiche der Sprachentwicklung abzudecken. Spezielle Fachbegriffe können im Zusammenhang mit realen Situationen kennengelernt und tatsächlich „begreifbar“ werden (z.B. Unterschied Heu/Stroh, warum frisst ein Huhn Körner und eine Katze nicht …) und regen zum Sprechen und zur Wortschatzerweiterung an. Unterwegs in der Natur und auf dem Hof finden sich andauernd Sprachanlässe, die „automatisch“ thematisiert werden und so die Kinder samt Erwachsenen viel häufiger miteinander ins Gespräch kommen lassen als anderswo. Die Kinder werden ganz selbstverständlich in den vielfältigen Situationen auf dem Hof herausgefordert, Absprachen in klarer Kommunikation miteinander und den Erwachsenen zu treffen.
Eine weitere Besonderheit liegt in der Möglichkeit des verbalen und nonverbalen Kommunizierens mit den Tieren. In verschiedensten, selbstgewählten Kontaktsituationen lernen die Kinder verschiedene Tiere mit den ihnen eigenen Botschaften kennen, verstehen und mit ihnen zu Recht zu kommen.
Beschriftungen in Stall, Garten, auf Maschinen und überall im Hof regen zum Entziffern an, der Umgang mit Zahlen (z.B. beim Eierzählen im Hühnerstall oder beim Wiegen von Futter und Messen von Milch) ist alltäglich und bietet am Bauernhof täglich „echte“ Anlässe.
Somit wird der Bildungsbereich Sprache, Schrift, Kommunikation in alltäglichen Abläufen ermöglicht und der Spracherwerb durch die besondere Umgebung des Bauernhofkindergartens vielfältig bereichert.